Hermann hat sein Leben lang bekannten Persönlichkeiten aufgelauert. Er passt sie ab an Flughäfen, auf Preisverleihungen und nach Auftritten. Er will ihnen allen diese eine Frage stellen. Hunderte Male wird er von Agenten, Presseleuten, Managern abgewimmelt. Doch irgendwann bekommt er Interviewtermine. Und er kann seine Frage stellen: „Warum bist du kreativ?“

Hermann Vaske ist Designer, Filmemacher und Professor. Es ist sein Lebensprojekt geworden, Stimmen und Sichtweisen bekannter Persönlichkeiten zu sammeln und herauszufinden, was sie zu Kreativen macht. Er hat einen Film und Bücher darüber herausgebracht, im Herbst erscheint sein neuer Film „Why are we creative?“.

Im Februar konnte ich Hermann Vaske in München im Kinderkunsthaus bei einem Werkstattgespräch sehen. Ich war im Vorhinein sehr gespannt und neugierig, ihn und das Projekt kennenzulernen. Was sind seine Erkenntnisse? Warum sind Menschen kreativ? Was können wir von Top-Kreativen wie David Bowie, Marina Abramovic, etc. lernen?

Was ich aus dem Projekt mitgenommen habe:

Warum sind Menschen kreativ?

Es gibt so viele verschiedene Gründe, kreativ zu sein, wie es Menschen gibt.  Die Antworten auf die Frage „Warum sind Sie kreativ“ mündeten häufig selbst in einen kreativen Ausbruch. Wie z.B. der Filmemacher Tony Kaye, der sich mit dem Messer ins Gesicht schnitt, oder David Bowie der ein Loch ins Papier bohrte. Vaske hat die Antworten gebündelt und diese Grundmotivationen erkannt: Heritage, Childhood, Destiny, Ambition, Money, Sex, Rebellion, Fear, Immortality, Boredom, Love, Individuality, Spirituality.

Was hindert Menschen am Kreativsein?

Auch die Feinde der Kreativität hat Vaske benannt: Zensur (von außen oder durch sich selbst), Bürokratie, Konsens und Ablenkung. Kreative Ideen umzusetzen verlangt Leidenschaft, Zeit, Beharrlichkeit und vieles mehr. Dass allein schon die tägliche Ablenkung durch Social Media Kreativität vernichtet, kann man leicht und schmerzhaft verstehen.

Was können wir von Top-Kreativen lernen?

Die Antwort auf diese Frage blieb Vaske für mich schuldig. Womöglich gibt es keine für alle gültige Antwort darauf. Jede Kunst, jeder Mensch und jede Kreativität ist so unterschiedlich, dass man von 5 Persönlichkeiten 8 Gründe genannt bekommt. Wir können von jedem Künstler etwas lernen, Dinge wie:

Seinen inneren Stimmen lauschen.

Den eigenen Weg gehen.

Nicht auf Trolle achten.

Komfortzonen meiden.

Sich trauen, Dinge auszuprobieren.

In Vaskes Worten: „Ich bin der der ich bin und ich habe keine Angst davor, anders zu sein.“

Ich werde mir Vaskes neuen Film, der im Herbst 2019 herauskommen soll, bestimmt ansehen. Den Helden der Popkultur dabei zusehen, wie sie ihre Kreativitätsmotivation erklären, ist unterhaltsam. Vielen fällt die Antwort überraschend schwer. Liegt es vielleicht daran, dass man seine Gründe gar nicht kennen muss, um kreativ zu sein?

Was unterscheidet dann also herausragend Kreative von allen anderen Menschen? Die Umsetzung. Alle Menschen haben Ideen. Doch nicht alle folgen ihnen.